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Yannic Vitz

Studium der Philosophie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen und an der Universidad Complutense de Madrid (B.A. 2017). Danach Masterstudium Philosophy and Public Policy an der London School of Economics and Political Science (M.Sc. 2019). Weiteres Masterstudium in Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin (M.A. 2021), währenddessen Stipendiat des Deutschlandstipendium.

Daneben berufliche und ehrenamtliche Tätigkeiten in Stiftungen, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen.

Seit Oktober 2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter (Doktorand) am Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin sowie Mitglied des DFG-finanzierten Graduiertenkolleg 2638 Normativität, Kritik, Wandel. Währenddessen Gastwissenschaftler am Department of Government der Harvard University (spring term 2023 und fall term 2024). Betreuung des Promotionsprojektes durch Stefan Gosepath (FU) und Thomas Schmidt (HU).

Was wir verdienen. Über Verteilungsgerechtigkeit und moralische Ungleichheit

Das Promotionsvorhaben untersucht den moralischen Status von Leistungs- bzw. Verdienstnormen. Den Ausgangspunkt der Analyse bilden meritokratische Einstellungen und Haltungen, die vielfach als problematisch diskutiert werden, da sie sowohl das Gemeinwohl erodieren als auch sozioökomische Ungleichheit begünstigen würden. Im Anschluss hieran analysiert das Dissertationsprojekt meritokratische Einstellungen anhand der konzeptionellen Eigenschaften von ‚Verdienst‘ als Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit. Der Wert der Handlungen und Eigenschaften jedes Einzelnen steht im Mittelpunkt der Rechtfertigung von Ungleichheiten als ‚verdient‘. Demnach seien manche Individuen aufgrund ihrer Anstrengungen oder sozialen Beiträge verdienstvoller als andere. Die Dissertation hat den Anspruch, durch eine Analyse von Verdienst als Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit die theoretischen Grundlagen von meritokratischen Einstellungen zu beleuchten. Auf dieser Grundlage argumentiert die Dissertation, dass das Verdienstprinzip problematische Ungleichheiten ermöglicht und aufgrund dessen zurückgewiesen werden sollte.

Folgt man diesem zentralen Argument der Dissertation, so ergibt sich, dass Menschen die Vorteile und Nachteile, die wirtschaftliche Institutionen ermöglichen, nicht in einem grundsätzlichen Sinne verdienen. Für die Gerechtigkeit wirtschaftlicher Institutionen ist es deshalb irrelevant, dass manche Personen kritikwürdig sind, weil sie ihr Verhalten ändern sollten oder ihnen bestimmte Eigenschaften fehlen, z.B. die Fähigkeit oder Bereitschaft, Anstrengungen zu unternehmen oder etwas beizutragen. Diese Art der Begründing von distributiver Ungleichheit überhöht die Bessergestellten und setzt die Schlechtergestellten herab. Verdienst moralisiert sozioökonomische Ungleichheiten auf eine Weise, die vernünftigerweise abgelehnt werden kann.

Insgesamt argumentiert die Dissertation, dass Verdienst nicht ausreichend zwischen dem, was wirtschaftlich und dem, was moralisch wertvoll ist, unterscheidet. Verdienst rechtfertigt materielle Ungleichheiten auf der Grundlage moralisch signifikanter Werte und bewertet die verdienstvollen Individuen aufgrund ihres moralischen Charakters und ihrer persönlichen Eigenschaften. Es bleibt zudem den gesellschaftlichen Konventionen überlassen, zu bestimmen, was oder wie viel verdient ist, etwa wie viel Wohlstands- oder Einkommensungleichheit verdient und angemessen ist. Verdienst kann somit nicht hinreichend spezifizieren, was Menschen unabhängig von den gegebenen sozialen Normen verdienen. Infolgedessen rechtfertigt Verdienst Ungleichheiten als Unterschiede im moralischen Wert, den Individuen für ihre Gesellschaft haben. Eine derartige Moralisierung von Ungleichheiten ist problematisch, weil sie eine Unterscheidung verletzt, die für Verdienst als Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit konstitutiv ist: wenn sich Ungleichheiten überhaupt auf Basis des Verdienstprinzips rechtfertigen lassen, dann nur durch jene Ansprüche, die auf dem instrumentellen Wert und nicht auf dem moralischen Wert dessen beruhen, was Individuen getan haben oder wie sie sind.

Das Ziel der Arbeit ist es zu zeigen, dass das Verdienstprinzip abgelehnt werden sollte, weil es Ungleichheiten moralisiert. Die Analyse zeigt, dass dieses Ergebnis aus den Eigenschaften von Verdienst als Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit folgt. Es ist nicht notwendig, den Wert von Anstrengungen oder Beiträgen zu bestreiten, um die Behauptung zurückzuweisen, Ungleichheiten seien durch Verdienst begründet. Eine solche Rechtfertigung von Ungleichheiten sollte abgelehnt werden, weil sie materielle Unterschiede als moralisch bedeutsame Unterschiede zwischen Personen verfestigt und vertieft.

 

Forschungsinteressen

  • Moralphilosophie (Egalitarismus, relationale/soziale Gleichheit, deontologische Ethik und Kontraktualismus, Fairness & Wettbewerb, daneben Debatten um Verdienst, moralische Verantwortung, Tadel und Hypokrisie)
  • politische Philosophie u. Theorie
  • feministische Philosophie
  • Sozialphilosophie
  • angewandte Ethik, Schnittstelle zwischen Philosophie und Public Policy

Publikationen           

  • Vitz, Yannic (2021): „Applaus, Applaus! Über eine Ethik des Lobes und moralisch unangemessenen Applaus“, in Romy Jaster & Geert Keil (Hg.), Nachdenken über Corona, Stuttgart: Reclam, S. 121-132.
  • Vitz, Yannic (2019): „'Having Too Much' and Libertarian Freedom”, Rerum Causae 11(1), S. 57–69. [https://rc.lse.ac.uk/articles/abstract/167/]

 

Vorträge

  • „Was ist ökonomischer Verdienst?“ präsentiert auf dem GAP-Doktorand:innen-Workshop für Erstakademiker:innen, Berlin, 25. April 2024. 
  •  “The Axiology of Desert“, präsentiert auf dem 5. Workshop für Politische Philosophie, Düsseldorf, 26. Mai 2023.
  • “Applaus, Applaus! Über eine Ethik des Lobes und moralisch unangemessenen Applaus,“ präsentiert im Forschungskolloquium, Lehrstuhl für Philosophische Anthropologie Geert Keil, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin, 19. November 2020.
  • “Applaus und Covid 19,” präsentiert im Forschungskolloquium, Lehrstuhl für Praktische Philosophie und Didaktik der Philosophie Kirsten Meyer, Humboldt-University Berlin, Berlin, 13. Juli 2020.
  • “Realising Luck Egalitarianism,” Lehrstuhl für Praktische Philosophie und Didaktik der Philosophie Kirsten Meyer, Humboldt-University Berlin, Berlin, 25. November 2019.
  • “Realising Luck Egalitarianism: Risk, Open Counterfactuals, and Community,” präsentiert auf der 6. Bundesfachschaftentagung für Philosophie, Düsseldorf, 20. September 2019.
  • “’Having Too Much’ and Libertarian Freedom,” präsentiert bei der 7th LSE-Bayreuth Student Philosophy Conference, London, 2. Mai 2019.
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